ein täglicher Begleiter für viele Menschen

Wie sind diese Mittel rechtlich klassifiziert

Innerhalb des harmonisierten EU Warenmarktes fallen Nahrungsergänzungsmittel (NEM) gemäß der (Lebensmittel)BasisVO (EG) 178/2002 unter das Lebensmittelrecht und sind entsprechend streng reglementiert.

So postuliert Artikel 2 „Im Sinne dieser Verordnung sind „Lebensmittel“ alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.“

Die Verantwortung für die Sicherheit dieser Präparate liegt beim sogenannten Lebensmittelunternehmer, also dem Akteur, der die Artikel in den Verkehr bringt (erstmalig am Markt bereitstellt). Von der weitreichenden Definition der Lebensmittelunternehmen sind, neben gewerblich tätigen Wirtschaftsakteuren auch private, natürliche Personen, selbst ohne Gewinnerzielungsabsicht erfasst. Selbst eine kostenfreie Abgabe oder gar das bloße Bereithalten, der auf der Terrasse gezüchteten Tomate, macht den Hobbygärtner damit de lege lata unbewusst zum Lebensmittelunternehmer.

Innerhalb dieses allgemeinen Rechtsrahmens für Lebensmittel hat der europäische Gesetzgeber mit der Richtlinie zu Nahrungsergänzungsmitteln 2002/46/EG ein Framework für besondere Lebensmittel geschaffen.

Dabei handelt es sich um Produkte, die konzentrierte Mengen von Nährstoffen oder anderen Stoffen enthalten, welche zur Ergänzung der normalen Ernährung dienen sollen. Diese Stoffe müssen über eine ernährungsspezifische oder physiologische Wirkung verfügen und in eigens dosierter bzw. dosierbarer Form in den Verkehr gebracht werden. Dies kann u.a. in Form von Kapseln, Tabletten, Pillen, Pastillen, Pulvern, Ampullen oder gar Flaschen mit Tropfeinsätzen erfolgen.

Daneben wurde ein dichtes Regelungsnetz gespannt und weitere europäisch harmonisierte Vorschriften etabliert (Links führen sämtlich zu den konsolidierten Fassungen):

(EG) 1925/2006 AnreicherungsVO

(EG) 1333/2008 LebensmittelzusatzstoffVO

(EG) 1924/2006 NährwertVO

(EU) 1169/2011 LebensmittelinformationsVO

(EU) 609/2013 Lebensmittel für Säuglinge & Kleinkinder; Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Diäten

(EU) 2015/2283 neuartige Lebensmittel

Durch ihren Rechtscharakter gelten sie in jedem EU-Mitgliedstaat direkt und haben somit eine große Harmonisierungswirkung. Dennoch sorgt dieser „Dschungel an Verordnungen“ mit unterschiedlicher Ausprä-gung, Zielrichtung und Novellierungsdynamik bei Praktikern zuweilen für Verwirrung.

Neben der Zersplitterung in verschiedene Rechtsakte, bereitet die Einordnung von verwendeten Stoffen in der Praxis regelmäßig Probleme und ist folglich häufig Streitgegenstand in wettbewerbs- und verwaltungsrechtlichen Verfahren

Welche Zutaten dürfen verwendet werden?

Nahrungsergänzungsmittel als Kapseln

Vorgaben hinsichtlich der Rezepturkennzeichnung werden allerdings nur über Vitamine und Mineralstoffe (Anhang I) sowie die als ihre Quellen verwendeten Stoffe    (Anhang II) getroffen. Gegenwärtig gibt es keine verbindlichen Höchst- und Mindestmengen für die in der Europäischen Union festgelegten Zutaten von Nahrungsergänzungsmitteln.

Für Zutaten, die weder Vitamine noch Mineralstoffe sind, hat die EU Kommission die oben überblicksartig dargestellten speziellen harmonisierten Vorschriften zum Schutz der Verbraucher vor möglichen Gesundheitsrisiken erlassen. Hier müssen Stoffe möglicherweise eine Zulassung nach der Verordnung (EU) 2015/2283 über neuartige Lebensmittel, zumindest aber eine Notifizierung durchlaufen.

Sie führt zudem eine Liste „Novel Food Catalog“ von Stoffen, von denen bekannt ist oder vermutet wird, dass sie schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben, und deren Einsatz daher kontrolliert wird.

Zusätzlich zu den Stoffen, die zu Ernährungszwecken zugesetzt werden, können NEM auch Lebensmittelzusatzstoffe enthalten, d. h. Stoffe, die den Produkten aus technologischen Gründen zugesetzt werden (z.B. Überzugmittel für Tabletten, Süßungsmittel). Dazu hält die Verordnung (EG) 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe eine Liste mit den Zusatzstoffen bereit, welche für die Verwendung in Nahrungsergänzungsmitteln zugelassen sind.

Stoffe, deren Verwendung in Lebensmitteln verboten ist oder Beschränkungen unterliegt oder deren Verwendung geprüft wird, sind in deren Anhang III der Verordnung (EG) 1925/2006 über die Anreicherung aufgeführt.

Stoffe, die nicht in die oben genannten Kategorien fallen, können vorbehaltlich der Bestimmungen in den spezifischen nationalen Rechtsvorschriften dennoch in NEM enthalten sein und möglichweise auf nationalen Märkten in den EU Mitgliedsstaaten angeboten werden.

Welche Kennzeichnung ist für NEM vorgeschrieben?

Die Richtlinie zu Nahrungsergänzungsmitteln 2002/46/EG erstreckt sich hinsichtlich der allgemeinen Kennzeichnungs-anforderungen über allen NEM. Darüber hinaus ergeben sich aus dem oben dargestellten Rechtsrahmen weitere Kennzeichnungsvorgaben (Aufzählung nicht abschließend):

  • Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel
  • Lebensmittelunternehmer in EU
  • Zutatenverzeichnis
  • Zusatzstoffe
  • Mengenangaben (Richtline 76/211/EWG)
  • MHD
  • Los-/Batch-Nummer
  • Nährwertdeklaration
  • Hinweis zum täglichen Verzehr
  • Warnhinweis „Tagesdosis“
  • Warnhinweise „kein Ersatz für abwechslungsreiche Ernährung“
  • Warnhinweis „Reichweite Kleinkinder“
  • keine unbewiesenen „health claims“
  • Angaben Aufbewahrung & Verwendung
  • Lesbarkeit, Sprache, Dauerhaftigkeit

Die sogenannten „health claims“ dürfen den NEM bei Aufmachung und Werbung keine Eigenschaften zuschreiben, die der Verhütung, Behandlung oder Heilung einer Humanerkrankung dienen, oder auf derartige Eigenschaften hinweisen. Dies dient unter anderem der Abgrenzung zum Medizinprodukterecht und dem Arzneimittelrecht und final dem vorbeugenden Verbraucherschutz.

Wer kontrolliert die Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen?

Das Inverkehrbringen von NEM liegt in der Verantwortung des Herstellers, Einführers, Lieferanten oder Händlers. Diese Gruppe von Akteuren hat selbst sicherzustellen, dass ein in Verkehr gebrachtes Nahrungsergänzungsmittel sicher ist.

Wie in anderen Produktrechtsbereichen auch, existiert hier ein Netz von zuständigen Marktüberwachungsbehörden, welche Herstellung, Import und Handel mit NEM überwachen. Um die Kontrollen zu erleichtern und unsichere Produkte frühzeitig zu identifizieren, gibt es eine Verpflichtung zur Benachrichtigung vor dem Inverkehrbringen eines NEM innerhalb des Hoheitsgebietes des jeweiligen EU-Mitgliedstaates.

Zusammenfassung

Den Inverkehrbringern steht ein komplexes Regelwerk gegenüber, dessen Schutzzweck der vorbeugende Gesundheits- und Verbraucherschutz, streng kontrolliert wird.

Bei dessen Nichtbeachtung ist man einem nicht unerheblichen rechtlichen Risiko ausgesetzt. So drohen nicht nur Warenvertriebsverbote, geld- oder strafrechtliche Sanktionen, sondern auch reputationsschädigende Warnungen, z.B. über das einschlägige RASSF Portal der EU Kommission.

Auch wenn dieser Food Bereich nicht unter den New Legislative Framework (NLF) fällt – was sehr zu bedauern ist – die neue Marktaufsichtsverordnung (EU) 2019/1020 hier folglich nicht greift, wird auch im eCommerce und auf sonstigen Plattformen ermittelt. Hier sind es zunehmend die Fulfillment-Dienstleister (wie Amazon) und Marktplatzbetreiber (wie eBay), welche die Anforderungen schärfer kontrollieren. Ganz allgemein sorgen auch Wettbewerber und Verbraucherschutzorganisationen für regelmäßige zivil-rechtliche Gerichts-verfahren.

Jeder Verantwortliche Lebensmittelunternehmer, wozu auch die Inverkehr-bringer von Nahrungsergänzungsmittel zu subsumieren sind, tut als gut daran, sich vor dem Inverkehrbringen vermeintlich sicherer Produkte über die gesetzlichen Mindestanforderungen zu informieren.

Technische Dokumentation und Labortests, aufgrund deren EU-weiter Anerkennung vorzugsweise in Englisch, sind hierfür dringend geboten. Ebenso anzuraten ist ein Check der Kennzeichnung, da hier Verpackungsrecht und Produktrecht aufeinanderprallen.