Was bedeutet Product Compliance?

Unter diesem Begriff versteht man die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Mindestvorgaben, also derjenigen grundlegenden Anforderungen, die eine prinzipielle Verkehrsfähigkeit von Produkten erst ermöglichen.

Sind einem diese öffentlich-rechtlichen Regeln in Bezug auf sein konkretes Produkt nicht bekannt oder hält man diese gesetzlichen Mindestvorgaben zur Produktsicherheit (elektrisch, mechanisch, formal in der Kennzeichnung), chemischen Sicherheit, Verpackungslizenzierung, Ökodesign, Lebensmittelechtheit uvm. praktisch nicht ein, droht ein Import- und Handelsverbot der betroffenen Produkte, deren Rücknahme aus dem Handel oder deren Rückruf vom Endverbraucher, (öffentliche) Produktwarnungen, im schlimmsten Falle Bußgelder, Geld- oder gar Gefängnisstrafen. Oft reichen schon einfache Kennzeichnungsverstöße aus.

Welche Kennzeichnung ist für Ihr Produktportfolio vorgeschrieben?

Umfassende Fachkenntnisse und sachgemäße Erfahrungen sind somit unabdingbar, um allseitigen Eingriffen sowie Reputationsschäden, auch durch (soziale) Medien, präventiv zu begegnen. Im schlimmsten Fall drohen dazu dauerhafte Einträge in den einschlägigen europäischen Warnportalen RAPEX bzw. RASFF. Diese digitalen, öffentlichen Pranger wirken sich nachhaltig auf das zukünftige unternehmerische Handeln aus.

Zusammenfassend beschreibt Product Compliance alle rechtlichen, d.h. formellen und materiellen, Vorgaben, welche ein Produkt zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens (erstmalige Bereitstellung am Markt) und seiner späteren Bereitstellung auf weiteren Vertriebsstufen einhalten muss.

Wen betrifft Product Compliance?

Zunächst einmal jeden!

„Jeder Mensch ist direkt oder indirekt von Product Compliance betroffen. Morgens steigt man im Schlafanzug aus der hoffentlich nicht krebserregenden Bettwäsche. Man führt seine Zahnbürste zu Schleimhautkontakt in den Mund, nutzt Zahnpasta mit diversen Inhaltsstoffen. Später isst man sein Frühstück und trinkt aus mutmaßlich lebensmittelechtem Material. Tagsüber trägt man Textilien und Schmuck, welche frei von bedenklichen Chemikalien sein sollten. Man erwirbt Artikel und entsorgt deren Verpackung in Duale Systeme, nutzt erwartungsvoll scheinbar sichere elektronische, chemische oder mechanische Produkte.“

Sebastian Jockusch

All das ist Product Compliance und ein jeder von uns hat damit jeden Tag zu jeder Zeit Kontakt, ob man will oder nicht. Dabei vertraut man intuitiv auf die sicheren Produkte. Doch sind diese wirklich so sicher, wie oft suggeriert wird?

Das öffentlich-rechtliche Ordnungsrecht zielt vornehmlich darauf ab, Risiken des Verwenders oder Dritter für Leib und Leben, Körper und Gesundheit sowie anderer Schutzgüter (z.B. die Umwelt, Tiere, Sachen) zu minimieren.

Die präventive Einhaltung ebenjener einschlägigen gesetzlichen Mindestvorgaben ist dabei an diejenigen Wirtschaftsakteure adressiert, die unter ihrer Verantwortung Produkte in den Verkehr bringen (diese herstellen oder importieren) oder diese in der Folge am Markt bereitstellen (damit handeln). Die erstmalige Bereitstellung auf dem Markt bedeutet, dass sie die Artikel geschäftsmäßig zum ersten Mal an andere abgeben. Dies kann auch kostenfrei als Spenden oder Geschenke erfolgen.

Der Gesetzgeber ist dabei kompromisslos: zahllose nationale, europäische und internationale Vorschriften regeln und ermöglichen den Marktzugang von Produkten.

Welche Richtlinien und Verordnungen müssen bei Ihrem Produkt beachtet werden?
Wer kontrolliert die Vorgaben?

Die Einhaltung dieser maßgeblichen Regeln werden in der Folge durch die Marktaufsichtsbehörden kontrolliert.

Bereits beim Importvorgang kann dies bereits zu Hindernissen und Problemen mit dem Zoll führen. Im schlimmsten Fall endet dies in der finalen Abweisung der gesamten Lieferung an der Außengrenze zur EU. Welche wichtigen EU-Regeln der Product Compliance zu beachten sind, damit Waren komplikationsfrei durch den Zoll gebracht werden und welche Herausforderungen hierbei entstehen, hat die fox compliance GmbH in einem Artikel hier im Blog unseres vertrauensvollen Kooperationspartners Zollcoaching GmbH dargestellt.

Aber auch innerhalb des harmonisierten Warenmarktes der EU werden Produkte immer engmaschiger kontrolliert.

So sorgen nicht nur die jeweiligen Marktaufsichtsbehörden für einen hohen Kontrolldruck (allein in Deutschland sind es ca. 2000 örtlich und sachlich unterschiedlich zuständige Behörden), auch Fulfillment-Dienstleister und Marktplatzbetreiber nehmen ihre Handelspartner zunehmend unter die Lupe und kontrollieren die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, bevor die Produkte bei Ihnen auf der Plattform bzw. im Marktplatz gelistet werden.

Mit dem Inkrafttreten der neuen Marktaufsichtsverordnung (MÜ-VO) (EU) 2019/1020 (zum 01.01.2021, in letzten Teilen am 16.07.2021) wurden diese Akteure nicht nur erstmals legaldefiniert und in den Adressatenkreis der verpflichteten Unternehmen aufgenommen, auch die Marktüberwachungslandschaft in der gesamten EU erfuhr eine bisher unbekannte Harmonisierung. Dieser kooperative Ansatz ermöglicht eine bessere Zusammenarbeit und führt zu noch stärker vernetzten Marktüberwachungsaktionen.

Was passiert, wenn etwas passiert?

Der Fall von non-compliance, also der Nichtkonformität bzw. bestätigten Nichteinhaltung der gesetzlichen Mindestvorgaben, kann erhebliche Konsequenzen für Verantwortliche nach sich ziehen. Diese treffen dann regelmäßig juristische Personen aber auch deren Vertreter, z.B. in Gestalt als Geschäftsführer, Abteilungsleiter usw., als natürliche Personen.

Dies kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn die Verstöße eine hinreichend wahrscheinliche Gefährdung der Schutzgüter (Leben, Gesundheit, Umwelt, Sachwerte etc.) zur Folge haben, diese sich ggf. schon in konkreten Schäden realisiert haben oder schlicht gegen geltendes (Produkt-)Recht verstoßen wurde.

Öffentliches Recht

Wie bereits skizziert droht eine umfassende Klaviatur von hoheitlichen Maßnahmen durch Marktaufsichtsbehörden im öffentlich-rechtlichen Bereich. Diese können je nach Intensität des Falles und Verbreitungsgrad (innerhalb der EU) betroffener Produkte unterschiedlich ausfallen. Dazu zählen insbesondere folgende Maßnahmen durch die zuständigen Behörden:

  • Inverkehrbringens-/Importverbot
  • Bereitstellungs-/Handelsverbot
  • temporäre Maßnahmen bis zur Herstellung der Konformität
  • Rücknahme aus dem Handel
  • Rückruf vom Endverbraucher
  • (öffentliche) Produktwarnungen
  • Bußgelder (Ordnungswidrigkeiten)
  • Geldstrafen
  • Gefängnisstrafen

Zunächst gilt zu beachten, dass freiwillige, geeignete Maßnahmen von Wirtschaftsakteuren Vorrang vor hoheitlichen Maßnahmen der Behörden haben. Allein schon deshalb sollten betroffene Unternehmen im ureigensten Interesse, ein gewisses Maß an Kooperationsbereitschaft im Dialog mit Marktaufsichtsbehörden mitbringen, um Fälle der Nichtkonformität ihrer Produkte umgehend zu lösen.

Haftungsrecht

Im Bereich der Produktsicherheit gilt der Grundsatz „ein Verantwortlicher aus der EU muss mit seiner vollständigen Adresse auf dem Produkt stehen, wer auf dem Produkt steht, ist produktverantwortlich“. Dies bedeutet nicht weniger, dass man für seine Produkte im Markt haftet. Diese Haftung für Nachteile (z.B. Schäden) kann einerseits vertraglicher Natur sein, d.h. aus Kaufvertrag, Werkvertrag oder Garantievertrag entstehen oder eben gesetzlich aus dem Produkthaftungsgesetz, der Produzentenhaftung aus § 823 BGB oder anderen Rechtsvorschriften resultieren.

Allen im individuellen Fall einschlägigen Anspruchsgrundlagen gemein ist, sie begründen womöglich einen Haftungsanspruch auf Schadensersatz.

Handels-/Kaufrecht

Auch in diesem Gebiet können Abweichungen von den gesetzlichen Vorschriften zu Rügen vom Abnehmer und damit zu Rücknahmen von Waren im Bereich B2B führen.Abnehmer und damit zu Rücknahmen von Waren im Bereich B2B führen.

So stellt das Fehlen der CE-Kennzeichnung nach Literaturmeinung im Bereich B2C einen Kaufmangel dar (§ 434 Abs. 1 BGB) und kann Sachmangelgewährleistungsansprüche des Käufers dem Handel gegenüber auslösen, der dann wiederum Produktverantwortliche in Regress nehmen wird.

Wettbewerbsrecht

Als ein „scharfes Schwert“ und wirksames Mittel gegen nichtkonforme Ware können auch berechtigte Institutionen (Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände geführt beim Bundesjustizamt) nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder Mitbewerber im Rahmen wettbewerbsrechtlicher Verfahren (Abmahnschreiben, Gericht) dafür sorgen, dass nichtkonforme (non-compliante) Produkte zügig vom Markt genommen werden (müssen).

Strafrecht

Die strafrechtlichen Aspekte dürfen nicht außer Acht gelassen werden, insbesondere dann nicht, wenn die Taten vorsätzlich oder systematisch (z.B. durch Unterlassen des Organisierens entsprechender Unternehmensprozesse) begangen wurden.

Einschlägiges Nebenstrafrecht zum Beispiel ProdSG, LFGB, ChemSanktionsV i.V.m. ChemG

Strafgesetzbuch (vorsätzlich oder fahrlässig)

  • Umweltschädigung
  • Brandstiftung
  • Körperverletzung
  • Tötung
Reputationsschäden

Neben den dargestellten juristischen und damit einhergehenden wirtschaftlichen Konsequenzen drohen dem betroffenen Unternehmen oder seiner Marke freilich auch immaterielle Schäden.

Diese können sich z.B. schlecht auf ein Lieferanten-Scoring auswirken oder negative Bewertungen in Portalen oder Produktbewertungen zur Folge haben. Temporäre Shitstorms sind ebenso auszuhalten, wie kritische Medien oder Verbrauchermagazine / -organisationen. Insgesamt hat hier eine schnelle und transparente Kommunikation mit allen Stakeholdern – vom Endverbraucher, betroffene Wirtschaftsakteure bis zum Medienvertreter – höchste Priorität. Nur durch die professionelle Abarbeitung lassen sich Schäden an Ihrem guten Ruf bzw. der Ihrer Produkte begrenzen und in der Folge wiederherstellen.

Damit es nicht passiert!

Verantwortung ist bekanntermaßen unteilbar und im Rahmen der Product Compliance von Geschäftsführern betroffener Unternehmen auch nicht zu 100% delegierbar. Dennoch lassen sich an vielerlei Stellen präventiv “Brandmauern“ einziehen und damit das Risiko nichtkonformer Ware im Portfolio zu haben erheblich reduzieren.

Wir lösen Ihr Problem!

Die fox compliance GmbH unterstützt Sie als Produktverantwortliche im Bereich der Verbraucherprodukte insbesondere bei den folgenden Punkten:

  • praktische Beratung zu den Anforderungen
  • Bewertung von vorhanden Testreports
  • Hinweise zu fehlenden Testreports
  • Risikobewertung, Due Dilligence System (DDS)
  • Literaturempfehlungen
  • Urteilsdatenbank / Fachaufsätze
  • unternehmensinterne Prozessgestaltung
  • Erarbeitung Eigenschaften im ERP-System (PIM / PCM)
  • projektbasierte Interimslösungen
  • Assessments / Mentoring
  • Behördenkommunikation
  • Vermittlung von Fachpersonal

Neben unserer eigenen Expertise bieten wir ein umfangreiches Netzwerk zu namhaften Experten – mit zusammen hunderten Jahren praktischer Erfahrung – im Bereich der Product Compliance:

  • akkreditierte Labore & Prüfstellen
  • Zollexperten
  • erweiterte Herstellerverantwortung (EPR)
  • Lizensierung (WEEE, Batterien, Verpackungen, …)
  • Aufarbeiter von fehlerhaften Waren
  • Entsorger
  • Recycling-Spezialisten
  • Product Compliance Experten (nahezu alle Vorschriften)
  • hochspezialisierte Rechtsanwälte

Kontaktieren Sie uns – wir führen gern ein kostenfreies Erstgespräch!