Ein überblicksartiger Abriss wesentlicher Änderungen in ausgewählten Bereichen des Produkt- und Umweltrechtes für den Bereich der non-food Verbraucherprodukte

 

Überblick

Angesichts der Dynamik und Komplexität, mit der sich das Produktrecht in der gegenwärtigen Zeit weiterentwickelt, kann der hier dargestellte Überblick keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Vielmehr soll er Wirtschaftsakteuren eine erste Orientierung geben und als Hinweis im Rahmen ihres “Legal Monitorings“ gesetzlicher Mindestanforderungen beim Inverkehrbringen bzw. Bereitstellen von non-food Verbraucherprodukten aller Art in Europa verstanden werden.

Bedingt durch die Corona-Pandemie (SARS-CoV-2-Pandemie) hatte auch die EU-Kommission Mühe ihre produktregulatorische Agenda voranzutreiben. Das ambitionierte 2023 Commission work programme, mit neuen Gesetzgebungs-Initiativen und dem REFIT-Programm zur Novellierung älterer Rechtsvorschiften, ist hier einsehbar.

Erkennbar wird dabei der bereits seit einiger Zeit eingeleitete Paradigmenwechsel, indem sich Brüssel nunmehr immer häufiger auf das Instrument einer direkt geltenden EU-Verordnung verlegt. Dies ist insofern erfreulich, dass innerhalb des harmonisierten Warenmarktes der EU auch die Rechtsvorschriften einer größeren Harmonisierung zugeführt werden. Die EU-Mitgliedsstaaten werden allerdings im gleichen Zuge innerhalb ihrer eigenen nationalen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten weiter beschnitten. Insgesamt dürfte sich diese Entwicklung aber positiv auf das EU-weite Inverkehrbringen und Bereitstellen von Produkten auswirken.

Hingegen wird im Bereich der erweiterten Herstellerverantwortung (extended producer responsibility (EPR)) bereits erkennbar, dass das Harmonisierungsbestreben der EU auch an seine Grenzen stößt – dazu im Einzelnen später mehr.

 

Allgemeine Produktsicherheit – GPSR

Am 21.12.2022 wurde mit dem Dokument ST 16312 2022 INIT der endgültige Kompromisstext der Einigung im Trilog der EU (zwischen dem Parlament, dem Rat und der Kommission) über den Vorschlag einer neuen Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit (GPSR) im Gesetzgebungsverfahren 2021/0170/COD veröffentlicht. Damit ist man einer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union einen großen Schritt nähergekommen. Die GPSR wird die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit 2001/95/EG (GPSD) sowie die weniger bekannte Richtlinie 87/357/EWG über mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte ersetzen und damit zukünftig weitreichende Regelungen für sämtliche Verbraucherprodukte treffen. Eine tiefergehende Vorstellung der anstehenden Neuerungen ist einem gesonderten Beitrag vorbehalten. Auch die anderen EU-Sprachfassungen werden in den nächsten Tagen, unter dem oben genannten Dokumenten-Link veröffentlicht. Eine Entsprechungstabelle am Ende des verlinkten Kompromisstextes gibt einen ersten Überblick.

Jedem Wirtschaftsakteur, sei er produktverantwortlicher Hersteller, Importeur oder Bevollmächtigter, aber auch Händler, elektronische Marktplätze und Fulfillment-Dienstleister sei angeraten, sich eingehend mit dieser Verordnung sowie der bereits gültigen Marktüberwachungsverordnung (EU) 2019/1020 auseinanderzusetzen. Die dann freilich in allen EU-Mitgliedsstaaten direkt geltende GPSR Verordnung könnte dann Mitte nächsten Jahres (2024) in Kraft treten.

 

Chemische Produktsicherheit – REACH

Auch die für die chemische Sicherheit oder Material-Compliance maßgebliche REACH Verordnung (EG) 1907/2006 hatte im Jahr 2022 wieder einige Updates in Form von Amendments erhalten. Insgesamt haben fünf verschiedene Änderungen dafür gesorgt, dass das “Chemikaliengesetzbuch“ der EU mit dem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt auch legislativ weiter mithalten wird.

So stehen aktuell 24 Stoffe in der Bewertung – auf der bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) geführten Liste, deren Entwicklung man für seine mittelfristige Produktgestaltung im Auge behalten muss. Der fortlaufende Aktionsplan der Gemeinschaft (Community Rolling Action Plan (CoRAP)) ist ein Instrument, das von der Europäischen Union (EU) verwendet wird, um die Risikobewertung von Stoffen zu priorisieren, die bereits auf dem Markt sind und noch nicht vollständig unter REACH gelistet sind. Der CoRAP wird jährlich aktualisiert und enthält eine Liste von Stoffen, die in den kommenden Jahren von der ECHA als wissenschaftliche europäische Behörde bewertet werden. Somit soll sichergestellt werden, dass die gefährlichsten Stoffe identifiziert und für Risikobewertungs- und Risikomanagementmaßnahmen priorisiert werden.

Der Entwurf sieht eine jährliche Aktualisierung des CoRAP vor und deckt die drei Folgejahre 2023-2025 ab. Er enthält Stoffe, die im Verdacht stehen, die menschliche Gesundheit oder die Umwelt zu gefährden. Die Stoffbewertung ist der Prozess gemäß der Artikel 44 – 48 REACH, mit dem Ziel potenzielle Risiken bei der Verwendung dieser Stoffe aufzuklären. Der aktuelle CoRAP-Entwurf enthält insgesamt 24 Stoffe, darunter 6 neue Stoffe im Vergleich zum Vorläufer CoRAP 2022-2024; 5 Stoffe sind für die Bewertung im Jahr 2023 geplant, und 19 sind für die Bewertung in den Jahren 2024 und 2025 aufgeteilt. Inverkehrbringer dürfen den Anhang XVII nicht unbeachtet lassen und praktische Konsequenzen aus den rechtlichen Änderungen ziehen.

Die POP Verordnung (EU) 2019/1021 findet in der Praxis zuweilen wenig Beachtung oder wird schlicht übersehen. Dabei ist dieser Rechtsakt die Umsetzung des Stockholmer Übereinkommens über persistente organische Schadstoffe innerhalb der EU und wurde 2022 zum sechsten Mal ergänzt.

Hier sollten vor allem der Anhang I auf Verbote oder Limitierungen bzw. der Anhang II auf Beschränkungen von Stoffen in Bezug auf viele Verbraucherprodukte hin überprüft werden. Prominente Stoffe in Kunststoffen bei Erzeugnissen sind z.B. kurzkettige chlorierte Paraffine (SCCP), hier liegt das Limit bei 1500 ppm oder Polychlorierte Biphenyle (PCB) in Elektrogeräten (Verbot zum 31.12.2025). Auch Hexabromcyclododecan (HBCD / HBCDD) ist bis heute in der Praxis hoch problematisch z.B. in Styropor und wurde mit einem Grenzwert von (nur) 100 ppm geregelt.

 

Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien

Die Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien gemäß CLP Verordnung (EG) 1272/2008 steht ebenfalls auf dem Prüfstand.

Das GHS (Globally Harmonized System) ist ein System der Vereinten Nationen, um gefährliche Chemikalien zu ermitteln und die Anwender über die jeweiligen Gefahren zu informieren. Das auf UN-Ebene entwickelte GHS ist nicht unmittelbar rechtswirksam. Es muss erst durch Implementierung in die nationale Gesetzgebung der einzelnen Staaten oder Staatengemeinschaften verbindlich umgesetzt werden. In Europa geschieht dies durch die CLP-Verordnung. Zu beachten sind die Änderungen der 17. ATP (Adaptation to Technical Progress / Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt) Verordnung (EU) 2021/849 (Anwendungsfrist: 17.12.2022) sowie 18. ATP Verordnung (EU) 2022/692 (Anwendungsfrist: 01.12.2023)

Daneben läuft ein derzeit öffentliches Konsultationsverfahren (hier) vom 20.12.2022 – 05.03.2023 bzgl. der Überarbeitung der EU-Rechtsvorschriften zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Chemikalien. Es wird spekuliert, dass die EU eigene, über das GHS hinausgehende Einstufungen vornehmen wird.

 

 

Spielzeug – TSD

Die Richtlinie 2009/48/EG wurde mit rechtlicher Wirkung im Jahr 2022 zweifach angepasst. Auch hier steht zur Debatte, die Richtlinie in eine Verordnung zu überführen. Entsprechende Grundüberlegungen sind dem EU-Arbeitspapier SWD/2020/0287 final zu entnehmen.

 

Bereich EPR

(erweiterte Herstellerverantwortung)

Anders, als es der Oberbegriff vermuten lässt, handelt es sich bei der EPR um Verpflichtungen, die nur die produktverantwortlichen Wirtschaftsakteure zu erfüllen haben. Pauschal verkürzt, sind vielmehr jeweils unter dem Begriff des Herstellers diejenigen Inverkehrbringer in dem jeweiligen EU-Mitgliedsstaat zu verstehen, die das Produkt B2C an den Endkunden verkaufen. Diese Unternehmen sind dann auch im Fokus des jeweiligen nationalen Gesetzgebers, müssen mithin in jedem Rechtsbereich Registrierungen in nationale Register vornehmen und sodann Mengenmeldungen der von ihnen verkauften Mengen darin adressieren. Bei einem europaweiten Vertrieb von batteriebetriebener Elektronik in einer Endkundenverpackung kommen deshalb kumuliert über alle Staaten mehr als 100 Registrierungsverpflichtungen auf die Firmen zu.

Hier bietet sich die Einbindung von EPR-Spezialisten an, welche strategisch und/oder operativ (die jeweiligen Mengenmeldungen übernehmen) bei der Erfüllung der rechtlichen Verpflichtungen unterstützen.

 

Verpackungen

Verpackungs-Richtlinie 94/62/EG

Im Bereich des europäischen Verpackungsrechts wird ebenso der Strategiewechsel, weg von einer EU-Richtlinie hin zu einer EU-Verordnung, vollzogen. Die dafür nötigen Schritte können unter dem Verfahren 2022/0396(COD) eingesehen werden. Ergebnis ist der Verordnungsvorschlag COM(2022) 677 final, der die bisherige EU-Richtline 12 Monate nach Inkrafttreten der neuen EU-Verordnung ersetzen wird.

 

Batterien und Akkumulatoren

Die Batterie Richtlinie 2006/66/EG wird durch eine Verordnung abgelöst werden. Der dazugehörige Verfahrensverlauf ist unter 2020/0353/COD verfolgbar. Es werden, über die bisherigen Anforderungen hinausgehende, neue Verpflichtungen auf die Wirtschaftsakteure zukommen. In dem Zusammenhang gern übersehen, aber nicht in dem Verfahren enthalten, ist die Verordnung (EU) 1103/2010 zu Vorschriften für die Angabe der Kapazität auf sekundären (wiederaufladbaren) Gerätebatterien und -akkumulatoren sowie auf Fahrzeugbatterien und -akkumulatoren.

 

Entsorgung der Elektro- und Elektronikaltgeräte – WEEE

Die Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte 2012/19/EU WEEE wurde nicht 2022 angepasst. Allerdings führte die EU-Kommission mit der hier einsehbaren öffentlichen Konsultation von 06.10.2022 bis 03.11.2022 eine Evaluierung zur Bewertung des Fortschrittes und der Weiterentwicklung dieses Rechtsgebietes durch. Gegenstand häufiger Kritik war das Fehlen eines wirksamen Mechanismus, um EPR-Trittbrettfahrer zu identifizieren, weil Elektro- und Elektronikgeräte (EEE), die aus Drittländern in die EU geliefert werden, bisher unberücksichtigt bleiben.

Insgesamt lässt die EU im Bereich der EPR noch viel Harmonisierungspotenzial im Sinne eines effektiven Ressourcen- und Recyclingmanagements liegen.

Sie schafft in allen drei Teilbereichen keinen einheitlichen Kategorienkatalog, mit dem die Wirtschaftsakteure sinnvoll arbeiten könnten. Dieser Katalog könnte auch die Grundlage für ein zukünftiges Europaregister und damit auch der Grundstein für eine effektive Kontrolle durch die zuständigen Behörden sein und letztlich die Durchsetzbarkeit des Gesetzes deutlich vereinfachen. Stattdessen breiten sich die EPR-Verordnungen national wie ein Flickenteppich aus, begleitet von nationalen Kennzeichnungen (Triman, Sortieranleitung in der Landessprache, Info-Tri, Tidyman, Recycling-Codes, Grüner Punkt und vieles mehr). Diese Vorgänge stehen dem Grundgedanken eines einheitlichen Warenmarktes diametral entgegen und sollten von der EU-Kommission in Angriff genommen werden. Leider enthält weder der Entwurf für die europäische Batterieverordnung, noch ihr Pendant im Verpackungsbereich eine ordnende europäische Hand.

 

Chemische Anforderungen an Elektro- und Elektronikaltgeräte – RoHS

Die Richtlinie 2011/65/EU RoHS zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten wurde in 2022 einmal an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt rechtswirksam angepasst, wobei insbesondere der Anhang III in Bezug auf die Verwendung und Übergangsfristen von Quecksilber in Leuchtmitteln von Interesse sein dürfte.

Der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy Action Plan (CEAP)), der Elektronik als zentralen Produktwert innerhalb der Wertschöpfungsketten zählt, schätzt, dass Elektro- und Elektronik-Altgeräte weiterhin einer der am schnellsten wachsenden Abfallströme in der EU ist, mit aktuellen jährlichen Wachstumsraten von 2%.

Nicht zuletzt deshalb hatte die EU-Kommission eine öffentliche Konsultation (hier) zur Überarbeitung der Richtlinie 2011/65/EU durchgeführt. Insbesondere das umständliche und teils sehr intransparente Verfahren in welchem Ausnahmen und Verlängerungen von Übergangsfristen festgelegt und veröffentlicht werden, steht dabei vielfach in der Kritik. Es wird weiterhin diskutiert, ob der Bereich von RoHS als eigenständiges Instrument in Form einer novellierten Richtlinie als neue Verordnung oder Teil der REACH Verordnung (EG) 1907/2006 geregelt werden soll.

 

Elektrische Sicherheit – LVD

Es sind Änderungen der Richtlinie 2014/35/EU in Bezug auf Notfallverfahren für die Konformitätsbewertung durch das Verfahren 2022/0280/COD zu erwarten.

 

elektromagnetische Sicherheit – EMV

Es sind Änderungen der Richtlinie 2014/30/EU in Bezug auf Notfallverfahren für die Konformitätsbewertung durch das Verfahren 2022/0280/COD zu erwarten.

 

Funkanlagen – RED

Die Richtlinie (EU) 2022/2380 zur Änderung der RED Richtlinie 2014/53/EU wurde mit Veröffentlichungsdatum im Amtsblatt der Europäischen Union vom 07.12.2022 bekanntgegeben. Das Gesetzgebungsverfahren ist im bereits abgeschlossenen Verfahren 2021/0291/COD einsehbar. Mit ihr wird die USB Typ-C Technologie als einheitlicher Ladeanschluss für die entsprechenden Kategorien oder Klassen von Funkanlagen festgelegt.

Auch hier sind Änderungen in Bezug auf Notfallverfahren für die Konformitätsbewertung durch das Verfahren 2022/0280/COD zu erwarten.

 

Ökodesign

Eine neue Ökodesign-Rahmenverordnung soll das aktuelle Rahmenrecht und damit die Richtlinie 2009/125/EG ablösen. Dem Vorschlag COM(2022) 142 final kann entnommen werden, dass wesentliche Änderungen, die insbesondere zu ökologisch nachhaltigeren Produkten führen, geplant und eingeführt werden sollen. Zu nennen wäre hier insbesondere der digitale Produktpass (DPP). Auch der horizontale Anwendungsbereich soll über Elektroprodukte hinaus deutlich erweitert werden, mithin z.B. auch Textilien erfassen. Das Verfahren kann unter 2022/0095/COD eingesehen werden.

Innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens unter der Ökodesign-Rahmenrichtlinie 2009/125/EG ändern sich zahlreiche Durchführungsverordnungen, indem Energieeffizienzanforderungen verschärft und neue von Durchführungsmaßnahmen erfasste Produktgruppen eingeführt werden. Als potenzielle Produktzielgruppen sind Elektroartikel, Textilien, Möbel, Stahl, Zement und Chemikalien benannt. So wird auch die Existenz von schädlichen Chemikalien in Zukunft stärker berücksichtigt werden. Übergeordnetes Ziel bleibt dabei weiterhin die Umweltwirkungen von energieverbrauchsrelevanten Produkten unter Berücksichtigung des gesamten Lebensweges zu mindern. Auswahl an Produktgruppen nebst Fristen sind hier einsehbar.

 

Einmalplastik – SUP

An dieser Stelle sei auf die verschiedenen Umsetzungsfristen (gerichtet an die Mitgliedsstaaten, betroffen sind aber die Wirtschafsakteure) des Artikel 17 der Richtlinie (EU) 2019/904 erinnert. Sichtbar wird dies in der Gesellschaft zum Beispiel an den Verpackungen für Fast Food, aus denen unmittelbar vor Ort verzehrt oder welche als Take-away-Gericht mitgenommen werden können. So werden verschiedene Pflichten im Rahmen von erweiterter Herstellerverantwortung im Kreislaufwirtschaftsrecht eingeführt. Das am 02.11.2022 vom deutschen Bundestag beschlossene, an den Bundesrat übersandte und ab 2025 geltende Einwegkunststofffondsgesetz (Regierungsentwurf: EWKFondsG) ist nach der Änderung des VerpackG, der EWKVerbotsV und der EWKKennzV der letzte nationale Baustein zur Umsetzung der SUP im Kampf gegen Einwegprodukte aus Plastik und die hierdurch entstehenden Umweltprobleme. Das neue Gesetz dient der Einrichtung eines Einwegkunststofffonds, welcher vom Umweltbundesamt (UBA) administriert wird. Die vom UBA geschätzten 56.000 betroffenen Hersteller von Einwegkunststoffprodukten sollen darüber fiskalisch in die Pflicht genommen werden und somit die Kosten öffentlich-rechtlicher sowie sonstiger Entsorgungsträger decken.

 

Lebensmittelkontaktmaterialien – FCM

Derzeit wird an der Überarbeitung der EU-Vorschriften für Lebensmittelkontaktmaterial (FCM) gearbeitet. Dabei ist weiterhin unklar, ob es bei einer bloßen Überarbeitung bleibt oder das Verfahren gar in eine Neufassung des gesamten Rechtsrahmens unter der Verordnung (EG) 1935/2004 münden wird. Eine öffentliche Konsultation läuft dazu noch wenige Tage bis zum 11.01.2023 und kann hier eingesehen werden.

Auch die Verordnung (EU) 10/2011 über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen wird überarbeitet. Dazu liegen die Entwürfe zur 16. / 17. / 18. Änderung vor. Die Annahme von Änderung 16 ist sehr weit fortgeschritten und beinhaltet die Verschärfung der speziellen Migrationslimits (SMLs) für Weichmacher/Phthalate sowie die Senkung der SML-Summen für DEHP, DBP, BBP und DIBP, die Entfernung des Eintrags für Holzmehl sowie Ergänzungen einiger anderer Stoffe. Änderung 17 wird einige Anpassungen aufgrund der Verordnung (EU) 2022/1616 über Materialien und Gegenstände aus recyceltem Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, nach sich ziehen. Änderung 18 wird aller Voraussicht nach spezielle Migrationslimits für Titandioxid und Styrol beinhalten, wobei das (noch nicht rechtskräftige) Urteil des EuGH Az. T-279/20 vom 23.11.2022 (Zusammenfassung hier) zur Einstufung als krebserregend  unter der CLP Verordnung (EG) 1272/2008 und die sich nun anschließenden wissenschaftlichen Verfahren sicherlich noch berücksichtigt werden müssen.

Auch für die zuletzt 2005 angepasste Keramik-Richtlinie 84/500/EWG ist eine Initiative zur Überführung in eine neue Verordnung Ende 2023 geplant. Die Konsultation dazu kann hier eingesehen werden. Hier dürften die Überlegungen der Überarbeitung des gesamten Rechtsrahmens eine Rolle spielen.

 

 

Textil(faser)kennzeichnung

Die Textilkennzeichnung fristet mit der Verordnung (EU) 1007/2011 eher ein bisweilen unbeachtetes Dasein. Dabei wird sie regelmäßig Gegenstand von Beratungen und bildet regulatorische Mindestanforderungen an die Kennzeichnung zahlreicher Verbraucherprodukte. Juristisch verschachtelt und mit vielen Ausnahmen und Toleranzen äußerst anwenderunfreundlich, wird diese Verordnung (nach einer Info des UBA an den Autor) in den kommenden zwei Jahren wohl auch eine Überarbeitung erfahren. Inhaltliche Details des Updates sind bis dato aber noch völlig unklar. Erfreulich wäre ein rechtlich klar umrissener Anwendungsbereich und Vereinfachungen für die Wirtschafsakteure (z.B. Aufnahme dieser Angaben in den im Bereich Ökodesign geplanten digitalen Produktpasses).

 

Medizinprodukte – MDR

Wie aus einer Pressemitteilung der EU-Kommission vom 06.01.2023 hervorgeht, sollen die Übergangsfristen von der MDD Richtlinie 93/42/EWG durch eine Anpassung der aktuellen Verordnung (EU) 2017/745 nun doch verlängert werden. Auf der Tagung des Rates (Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz) vom 09.12.2022 forderten die EU-Gesundheitsministerinnen und -minister die Kommission auf, rasch einen Vorschlag zur Verlängerung des Übergangszeitraums in der Verordnung über Medizinprodukte vorzulegen. Das Europäische Parlament und der Rat werden nun über den Vorschlag verhandeln. Die oben genannte Pressemitteilung ist hier einsehbar.

 

Maschinen

Eine neue Maschinenverordnung wurde beschlossen und wird die bisher gültige Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ablösen. Eine Veröffentlichung wird im ersten Halbjahr 2023 erwartet. Den Verfahrensverlauf und die finale Version wird man unter 2021/0105/COD einsehen können.

 

Holzhandel – EU TR

Die EU TR Verordnung (EU) 995/2010 sowie die zugehörige Durchführungsverordnung zu Sorgfaltspflichtenregelungen (EU) 607/2012 stehen vor einer Ablösung durch eine neue Verordnung über die Entwaldung von Lieferketten. Das Verfahren läuft unter 2021/0366/COD und ein Kompromisstext wurde am 21.12.2022 mit Dokument ST 16298 2022 INIT zur Annahme vorgelegt. Nach einer 18-monatigen Übergangszeit sollen neben Holzprodukten nun auch Rinder, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Gummi reguliert und vor dem Inverkehrbringen durch ein DDS (due diligence system) auf ihren legalen Ursprung risikobewertet werden.

Für den Regelungsbereich des Holzhandels werden folgende Zollcodes neu erfasst:

4402 Holzkohle, 4404 Reifholz, 4405 Holzwolle, 4417 Werkzeug mit Holzbestandteilen, 4420 Holzintarsien und Holzeinlagen ,4421 andere Waren aus Holz, einschließlich 4421 20 Särge Zellstoff und Papier der Kapitel 47 und 48 der Kombinierten Nomenklatur sowie 4900 Gedruckte Bücher, Zeitungen, Bilder und andere Erzeugnisse der Druckindustrie, Manuskripte, Typoskripte und Pläne.

Interessant dürfte dabei auch die praktische Umsetzung werden, mit der man die Geodaten des konkreten Gebietes des Warenursprunges belegen soll. Auch die neu eingeführte Differenzierung in den Legaldefinitionen zwischen Primärwald, andere bewaldete Flächen und sich natürlich regenerierender Wald bedarf genauso einer näheren Betrachtung wie die geplante Ausnahme von Sorgfaltspflichten für KMU, wenn schon eine Sorgfaltspflichterklärung gemäß Artikel 31 bereits abgegeben wurde.

 

 

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (DE)

Hier müssen Unternehmen in jedem Falle die Entwicklungen der Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Rahmen der Lieferkette und zur Änderung der (Whistleblower) Richtlinie (EU) 2019/1937 (Supply Chain Act) im Auge behalten. Eine Anpassung des nationalen LkSG in Deutschland wird mit großer Wahrscheinlichkeit die Folge sein, wobei je nach Verhandlungsausgang sowohl Verschärfungen oder Vereinfachungen eines nachhaltigen Managements der Lieferketten denkbar sind. Der Fortgang des Verfahrens kann unter 2022/0051/COD eingesehen werden.

 

Künstliche Intelligenz – KI

Vorschlag COM (2021) 206 final zu einer Verordnung zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (KI). Verfahrensgang: 2021/0106/COD. Wie in anderen sektoralen Produktvorschriften, ist auch hier ein Konformitätsbewertungs-verfahren nebst EU-Konformitätserklärung und CE-Kennzeichnung vorgesehen.

 

Produkthaftung

Der Vorschlag COM(2022) 495 final der Europäischen Kommission für eine überarbeitete Produkthaftungsrichtlinie soll das Haftungssystem der EU an das digitale Zeitalter anpassen. Dieser Vorschlag soll den aktuell gültigen Rechtsrahmen in Form der Produkthaftungsrichtlinie 85/374/EWG, die noch aus dem Jahr 1985 stammt und 1999 zuletzt angepasst wurde, vollständig ersetzen. Das laufende Verfahren kann unter 2022/0302/COD eingesehen werden.

 

Brexit

Abschließend noch ein Hinweis zur Verwendung der CE-Kennzeichnung und ɜ-Zeichen (umgekehrtes Epsilon – für Aerosole) in Großbritannien (UK).

Wie die britische Regierung berichtet, wird diese nun bis zum 31.12.2024 akzeptiert, so dass Unternehmen diese als Ersatz oder neben der UKCA-Kennzeichnung verwenden können. Die Einhaltung der gesetzlichen Mindeststandards muss freilich weiterhin dokumentiert und auf Nachfrage nachgewiesen werden.

Weitere Updates sowie tiefergehende Information zu einzelnen Regelungs-bereichen werden hier oder auf www.foxcompliance.eu veröffentlicht.

 

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